Probleme mit Domain-Namen
In diesem Text werden die grundlegenden Probleme rund um Domain-Namen aufgelistet, die Position der SIUG erläutert und mögliche Lösungen aufgezeigt.
Domains sind einerseits Adresse, andererseits auch ein
Identifikationsmerkmal. Die Adresse wird umso einfacher gefunden je einprägsamer sie ist oder je besser sie mit der gesuchten Materie korreliert. Es ist deshalb nützlich einen aussagekräftigen oder mit dem Firmen- oder Privatnamen korrelierenden Domainnamen zu haben. Nun gibt es zwar verschiedene Top-Level-Domains (kurz: TLD; wie zum Beispiel .com, .de oder .ch) aber in jeder TLD kann eine Subdomain nur einmal existieren. Dadurch dass es tausende von gleichnamigen Leuten und Firmen (sowie international tätige Entitäten, die nun in jedem Land eine Domain haben möchten) gibt, sind Domainnamen durchaus knapp.
In den letzten Jahren sind im Internet das Cybersquatting und die Domainpiraterie in Mode gekommen. Dabei geht es im einen Fall darum, beliebte Domainnamen, oder Domainnamen von denen man erwarten kann dass sie beliebt werden, zu besetzen respektive im anderen Fall, Domainnamen an denen man glaubt ein Anrecht zu haben anderen Haltern abzujagen. Dabei kann man generell die obgenannten zwei Arten unterscheiden. Einerseits das Besetzen von Domains (Domainsquatting oder Cybersquatting) und andererseits das Abjagen schon besetzter Domains von anderen Haltern (Domainpiraterie).
1. Cybersquatting
1.1. Besetzen benachbarter Domains
Darunter versteht man das Besetzen von Domains die irgendetwas mit einem speziellen Geschäfts- oder Interessegebiet zu tun haben in der die betreffende Firma tätig ist. Eine Suche nach .ch- und .li-domains rund um Sicherheit resultiert zum Beispiel in 25 Domains die alle derselben Firma gehören.
Der Punkt hier ist, dass man anderen Firmen im gleichen Marktsegment die Internetpräsenz unter einem aussagekräftigen Namen erschwert oder später andere Firmen untervermieten kann.
Das ganze zeigt schlechten Stil, Missachtung der Netiquette und macht generell einen schlechten Eindruck; ist allerdings auch als nicht sehr relevant einzustufen.
Wir wollen unter den Betreffenden Firmen das Bewusstsein wecken, dass derartige Praxis als stillos betrachtet wird sobald es im grösseren Rahmen (mehr als 3-4 Domains) auftritt.
1.2. Besetzen von “Common Use” Domainnamen
Dabei werden Domains registriert die man nicht selbst nutzen will sondern die man nachher weiterverkaufen möchte.
Wir sprechen uns gegen diesen offensichtlichen Missbrauch aus. Es geht hier nur um Domainhandel, sondern darum mit möglichst kleinem Effort maximale Geldsummen herauszuholen. Wir sprechen uns auch dafür aus, dass man Domains in Zukunft nicht mehr als Inaktiv registrieren kann; dadurch steigt die finanzielle und/oder technische Hürde Domains zu registrieren (Man benötigt dazu zwei DNS-Server die ständig im Internet sind).
1.3. Vorbesetzen von Domainnamen
Darunter versteht man die Besetzung von Domainnamen von denen man erwarten kann dass sie in Zukunft gebraucht werden könnten oder wo klar anzunehmen ist, dass eine Firma, die noch nicht im Internet ist, diese später brauchen könnte. Ein Beispiel war die Registrierung der Domain “novartis.ch” durch eine offenbar gutinformierte Privatperson bevor die Fusion von Ciba und Sandoz bekannt wurde. Die Domain wurde dann der Greenpeace zur Verfügung gestellt und gehört heute der Novartis. Ein anderes Beispiel ist “altavista.com”, welche von einer Firma benutzt wurde, lange bevor die Suchmaschine “Altavista” bekannt wurde.
Dieser Punkt ist sehr heikel, da man manchmal sehr schlecht entscheiden kann, ob hinter der Domainregistrierung nur die Verkaufs- oder Vorbesetzungsabsicht besteht oder ob diese aus anderen Gründen registriert wurde. Im Zweifelsfall ist “first-comes-first” anzunehmen. Siehe auch 2.2.
1.4. Besetzen von Typos
Die Idee dahinter ist, dass man eine Domain registriert, die einer anderen (bekannten) Domain derart ähnlich sieht, dass ein kleiner Rechtschreibefehler genügt um auf der falschen Seite zu landen. Als Beispiel sei hier “netcape.com” angeführt, eine Sexsite die vermutlich davon profitiert, dass “netscape.com”
ab und zu falsch geschrieben wird. Dasselbe mit “whitehouse.com”, dass im Gegensatz zu “whitehouse.gov” durchaus nichts mit der US-Amerikanischen Regierung zu tun hat.
Wir sprechen uns nicht dagegen aus, begrüssen es aber,
wenn die Site jeweils einen Hinweis enthält dass dies eventuell
nicht die gesuchte Site sei und auf die andere verweist; vorallem dann, wenn die beiden Sites sich im selben Marktsegment bewegen. Ein Verbot solcher Registrierungen würde dem Geist des Internets sehr zuwiederlaufen und würde auch die Redefreiheit einschränken. Sehr viele parodische oder satirische Seiten benutzen leicht abgewandelte Namen der
Domains die sie kritisieren.
2. Domainpiraterie
2.1. Trademarks
Trademarks, sofern sie Weltweit gültig sind, beziehen sich nur auf eine bestimmte Produktekategorie. Microsoft Software und Microsoft Fasern sind durchaus nicht dasselbe existieren aber beide. Domains wiederum sind keine Trademarks, sondern Adressen. Genausowenig wie eine Firma anrecht auf eine bestimmte Strassenadresse hat, existiert ein anrecht auf eine bestimmte Internetadresse. Speziell dann nicht, wenn es um verschiedene Top-Level Domains (TLDs) geht. So ist eine .com-Domain etwas ganz anderes als eine .net-Domain und das wiederum etwas anderes als eine .ch-Domain. Das halten einer bestimmten Domain unter einer bestimmten TLD gibt überhaupt kein Recht an Domains in anderen TLDs. Auch hat eine Meyer AG durchaus nicht
mehr Rechte an einer meyer-Domain als irgendeine Privateperson namens Meyer.
Trademarks können bei Domainstreitigkeiten berücksichtigt werden, sollten aber nie vor persönliches Recht treten. Es gilt in derartigen Fällen herauszufinden, ob der Angeklagte die Domain nur aus dem einzigen Grund registriert hat der Firma ins Gehege zu treten; in anderen Fälen sollte davon Abstand genommen werden die Domain dem Ankläger zuzusprechen
2.2. “Common Knowledge”
Firmen haben manchmal die merkwüdigsten Vorstellungen was mit Ihrem Namen assoziiert wird. So hat ein Amerikanischer Cartoon-Konzern versucht die Domain “veronica.org”, die einem kleinen Mädchen namens Veronica geschenkt wurde, abzunehmen, weil eine Cartoonfigur des Konzerns Veronica heisst (siehe veronica.org).
Ausser in Amerika kennt niemand diese Figur, und alte Internethasen würden Veronica eher mit einer alten Suchmaschine (um ca. 1994) assoziieren. Ein weiteres Beispiel sind “ajax.org” und “ajax.net”. Die Assoziation mit einem Putzmittel muss durchaus nicht gegeben sein, schliesslich ist Ajax ein Held aus der griechischen Mythologie. Selbst von allgemein bekannten Namen kann man nicht einfach annehmen, dass
diese auf die eigene Marke referenzieren. “cola.ch” könnte z.b. für eines der zig -cola-Getränke stehen oder auch für eine Abkürzung wie z.b. comp.os.linux.announce.
Wir sind der Meinung, dass eine allgemeine Assoziation mit einem bekannten Namen durchaus kein Recht auf eine bestimmte Domain gibt.
2.3. Typos
Auch hier gibt es Entitäten die gegen die Registranden von Tippfehlern (neudeutsch: Typos) ihrer eigenen Domains losgehen.
Auch dies muss als Domainpiraterie angesehen werden. Oft gibt es Verballhornungen einer bestimmten Domain, die den Halter der Originaldomain kritisieren (Beispiel: balcab.ch (jetzt UPC) und balcrap.ch, wobei hier tatsächlich sogar von “balcab.ch” auf “balcrap.ch” verwiesen wurde); gerichtliche Verfügungen würden hier einer Verletzung der Redefreiheit entsprechen.
2.4. Vorgehen
Im allgemeinen arbeiten Domainpiraten damit, dass sie die Halter unter Androhung von Gerichtsverfahren unter Druck setzen. Hilfreich sind hier durchaus auch die Unklarheiten internationalen Rechts. Es sind auch schon Fälle bekanntgeworden, in denen der Halter übertölpelt wurde, indem ein anderer sich sozusagen “im Namen des Halters” als Domaineigner eingetragen hat. Ebenfalls gab es schon Versuche mit gefälschten Modifikationsaufträgen an die Registraturstellen um Domains umzuregistrieren. Im Falle gefälschter Aufträge dürfte der Fall klar sein wer hier unrechtmässig handelt. Sobald aber in anderen Fällen die Justiz ins Spiel kommt wird es problematisch, weil hier die finanziellen Möglichkeiten entscheidend werden könnten.
3. Streitfall
3.1. Wer ist Wer?
Es ist nicht immer leicht ersichtlich, ob das Opfer der Kläger ist, oder ein Pirat das Gericht als Waffe einsetzt. Auf der einen Seite haben wir entweder den Domainpiraten oder
aber den Geschädigten, und auf der anderen Seite entweder ein Opfer oder den Cybersquatter. Geht nun ein Geschädigter gerechtfertigt auf einen Cybersquatter los um die angeeigneten Domains loszuschlagen, oder ein Domainpirat ungerechtfertigt
auf sein Opfer um ihm mit Gerichtsdruck eine Domain abzunehmen?
Das Problem hier ist, dass Gericht und gerecht zwei verschiedene Dinge sind. Effektiv kann ein gerichtliches Verfahren als Waffe eingesetzt werden um unliebsame Konkurrenten aus dem Weg zu räumen. Oftmals ist der Beklagte nicht sehr finanzstark und kann allein schon mit der Androhung
eines Verfahrens dazu bewegt werden die Domain zu übergeben.
3.2. Was weis das Gericht?
Das Problem vigilianten Verhaltens unter Ausnutzung von Gerichten wird dadurch noch verschärft, dass die Gerichte einen deutlichen Mangel an Kompetenz bezüglich neuer Technologien haben und sehr schlecht einschätzen können, um was es eigentlich geht. Oftmals wird dabei der Weg des einfachsten Widerstandes begangen, was heisst dass Firmen und Trademarks der Vorzug gegeben wird. Dazu kommt die unklare Rechtslage bezüglich des Status einer Domain: Ist es eine Adresse oder
ein Markenzeichen?
Markenzeichen können nicht universell beansprucht werden sondern sind nur innerhalb eines Marktsegementes gültig. Darauf ist bei der Rechtsprechung unbedingt Wert zu legen.
Es gibt auch ca. 200 verschiedene Top-Level Domains. “.com” ist gedacht für Amerikanische oder International tätige Unternehmen, “.ch” für Firmen und Privatpersonen in der Schweiz. Eine International tätige Entität kann also durchaus keinen Anspruch auf eine bestimmte “.ch”-Domain erheben, die vielleicht schon durch eine in der Schweiz ansässige Entität besetzt ist. Die Idee hinter den verschiedenen TLDs ist ja
gerade die, dass sich verschiedene Entitäten denselben Namen teilen können, unter einer jeweils anderen TLD.
Wir möchten die Gerichte auffordern der Domainpiraterie nicht unabsichtlich Vorschub zu geben, sondern im Rechtsfall unbedingt zu prüfen ob dem Kläger absichtlich Schaden zugefügt wird. Falls es um Markenzeichen geht ist zu prüfen ob die beiden Parteien überhaupt im gleichen Marktsektor tätig sind.
4. Referenzen/Weitergehende Informationen
http://www.ajax.org/ajax/dda/ Ajax.org: Domain Defense Advocate
Patents.com: Remedies in Domain Name Lawsuits: How is a domain name like a cow?
NZZ Online: Tippfehler-Piraten vor Gericht
don-henley.com: Rockstar seeks to grab domain name from owner
Peter Keel,
00:15 CET by Peter Keel