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Urheberunrecht

Friday, March 10th, 2006

Der Bundesrat ist wieder einmal daran am Urheberrecht herumzubasteln, im wesentlichen um irgendwelche IPO-Verträge unterschreiben zu können.

Was bei den geplanten Änderungsvorschlägen zuallererst auffällt ist die zutiefst Wissenschaftsfeindliche Haltung des WIPO-Papiers
bezüglich des Schutzes von technischen Massnahmen (Titel 3a.).

Damit wird

  • Forschung auf dem Gebiet der Kryptografie massiv behindert, da zufälligerweise solche Technologien für Kopierschutzmassnahmen eingesetzt werden könnten; und die Kryptanalyse solcher zufälligerweise in Kopierschutzmassnahmen eingesetzter Algorithmen illegal wird.
  • Insbesondere wird dadurch die öffentliche Diskussion, der Wissenschaftliche Diskurs und die Publikation von Forschungsergebnissen auf diesem Gebiet verunmöglicht.
  • Selbst die Entwicklung von zuverlässigen technischen Kopierschutzmassnahmen wird dadurch ausgebremst. Wo bisher ein Wettlauf zwischen Entwicklern dieser Massnahmen und den Crackern bestand, reicht es nun die geringsten aller möglichen Massnahmen zu treffen und als “Kopierschutz” zu deklarieren. Wenn Dietriche illegal sind verbessert sich Qualität von Schlössern wohl kaum.
  • Sicherheitslücken, wo sie zufällig diese Systeme betreffen dürfen nicht mehr publik gemacht werden, was effektiv zu weniger sicherer Software führen wird.
  • Die Zukunftssicherheit erworbener Daten in Frage gestellt. Es ist unklar ob in einigen Jahren die Daten noch benutzt werden können, es gibt keinen Plan was passiert wenn der Urheber nicht mehr existiert, niemand weis wie man diese Massnahmen wieder los wird sobald die Daten schlussendlich nach Ablauf des Urheberrechts öffentliches Gut werden.
  • Bibliotheken haben jetzt schon gewaltige Probleme damit dass Systeme veralten und nicht mehr verfügbar sind, so dass Daten ständig umkopiert werden müssen. Dieses Verbot wird die lage noch viel schlimmer machen.
  • Solche Sicherheitsmassnahmen kollidieren meist auch mit der Zugänglichkeit für Behinderte. Wenn Texte nur im Bildformat zu erhalten sind kann kein Screenreader für Blinde diese noch lesen.
  • Ebenfalls ist es politisch gesehen fragwürdig die Werkzeuge zu kriminalisieren. Ob ein Einbrecher einen Dietrich benutzt hat oder einfach die Scheibe eingschlagen hat ist irrelevant, warum soll er anders behandelt werden? Und warum soll das Herstellen von Dietrichen illegal werden?
  • Durch diese Schutzmassnahmen können leicht Plattformbindungen realisiert werden. Es kann verunmöglicht werden konkurrierende Hard- oder Software zu entwickeln die die geschützen Daten legal lesen kann. Effektiv fördert dieser Artikel Monopole die weit über den Schutz des Gutes hinausgehen.

Eine Zusammenfassung über die Nebeneffekte eines solchen bestehenden Gesetzes in den USA bietet die EFF mit Unintended Consequences: Seven Years under the DMCA in Englisch.